Wer die Musik bestellt…

Vom 5. bis 7. Juli 2013 werden am Partwitzer See Millionen aus Hoyerswerda versenkt. Das Seenlandfestival gerät außer Kontrolle. Ich halte das für gefährlich.

Seenlandfestival_Schild
Vorsicht Seenlandfestival! Völliger Kontrollverlust.

Der Blogger Daniel Reiche hatte gefragt, was die Festivalveranstalter genommen hätten. Meine Frage ist eine andere: Wer hat wieviel genommen?

Beifall im Stadtrat reicht nicht. Wenn Fips Asmussen in der Lausitzhalle alte Witze reißt, kannst du dich zurücklehnen und gucken, was vorne passiert. Das hier ist eine andere Nummer.

Das habe ich im Februar in einer Kolumne der Sächsischen Zeitung geschrieben.

Sven Tietze ist Geschäfts****** der Lausitzhalle Hoyerswerda GmbH. Das Wort Führer mag er nicht. Deshalb habe ich es unkenntlich gemacht. Aber das ist eine andere Geschichte. Er buchte jedenfalls David Guetta, so eine Art französischen DJ Ötzi und nahezu alle anderen Musikanten, die an diesem Sommerwochenende noch keinen Gig hatten. Darüber freut er sich. Er ist so ein Macher, der nach dem Besuch des Staubsaugervertreters jubelt: „Den hat er nur mir verkauft!“ Das halten manche für dumm, andere für größenwahnsinnig. Ich halte es für clever!

Augen auf beim Kartenkauf!

Bestellvorgang für Tickets zum Seenlandfestival
Bestellvorgang für Tickets zum Seenlandfestival

Ich wollte über Facebook Karten für Herrn Gütta bestellen. Hier der Ablauf in Klicks:

  1. Facebook-Tab „Tickets kaufen“. Keine Preisangabe. Kein Hinweis auf Weiterleitung zur Ticket-Agentur Tixoo AG.
  2. Auswahl David Guetta, Freitag. Weiterleitung zu Tixoo. Kein Preis. Kostet der nix?
  3. Klick „Jetzt Tickets kaufen“. Ich soll die Anzahl festlegen. 2 steht schon drin. Immer noch kein Preis. Vorsichtig weiter.
  4. Ah! Das Tagesticket kostet 39,95 Euro. Ich soll weiter klicken. Wie kann ich bezahlen? Wo stehen die AGB? Ist nun schon eine kostenpflichtige Bestellung. Als Festivalverbraucher komme ich mir etwas ungeschützt vor.
  5. Datenerfassung ohne Datenschutzhinweis. Kein Warenkorb. Immer noch keine AGB. Auf der ganzen Seite nicht. Weiter.
  6. „ACHTUNG: Diese Buchung ist verbindlich“ und ein Häkchen für die „Buchungsbedingungen“. Gelesen. Keine Widerrufsbelehrung. Kein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag, wie es bei Online-Geschäften vorgeschrieben ist. (Eventim verkauft auch Seenlandtickets, dort besteht laut AGB ein Rückgaberecht ohne Begründung von 4 Wochen!)
  7. In den „Buchungsbedingungen“ steht „Eine Rücknahme, Stornierung oder Umtausch von bezahlten Tickets ist nicht möglich (geregelt im BGB)“ Bitte? Wo denn?
  8. Ich breche die Bestellung ab. Wie tausende vor mir sicher auch.

Nun interessiert mich die Tixoo AG. Im Bundesanzeiger finde ich die Bilanzen und erkenne ein Unternehmen, dem etwas mehr Gewinn und weniger Verbindlichkeiten gut tun würden. Ich will nicht sagen, die Firma sei notleidend, aber sollten die versprochenen 30.000 Festivalbesucher über diesen Vorverkauf wundersamerweise zusammen kommen, würde sich ihr Umsatz fast verdoppeln.

Die Alternative ist einfach: Ein Permalink auf die Tickets bei Eventim hätte es auch getan.

Meine Fragen an Sven Tietze und die Verantwortlichen; Aufsichtsräte, Stadträte und die Geschäftsführungen der kommunalen Unternehmen in Hoyerswerda, deren Gewinne hier verbraten werden:

  • Wieso arbeitet die Lausitzhalle Hoyerswerda mit einem Tickethändler zusammen, der die einfachsten gesetzlichen Anforderungen an den Online-Handel und den Verbraucherschutz nicht erfüllt? (fehlende Widerrufsbelehrung, kein Rückgaberecht)
  • Wer hat die Vergabe dieser Leistung kontrolliert bzw. wie ist sie ausgeschrieben worden?
  • Steht Sven Tietze in einer persönlichen Beziehung zu dieser Ticket-Agentur oder zu einem ihrer Vertreter?
  • Durch welche Maßnahmen schließen die kommunalpolitisch Verantwortlichen aus, dass durch die Projektstruktur des Seenlandfestivals Vorteilnahme, Untreue und anderer Missbrauch von Verantwortung zum Nachteil kommunalen Eigentums begünstigt werden? Stichworte: Provisonsgeschäfte im Agenturbereich und Zeitdruck.
  • Welche Maßnahmen zur Gewährleistung kaufmännischer Vorsicht sind durch Aufsichtsgremien und übergeordnete Konzernverantwortliche in Bezug auf das Seenlandfestival getroffen worden?

Ich wünsche dem Festival dennoch einen guten Verlauf. Für den Schallplattenunterhalter Guetta müssen bis Freitag 23.00 Uhr  30.000 Menschen zusammen kommen – unwahrscheinlich. Sven Tietze als Bauernopfer – sehr wahrscheinlich. Er lacht sie trotzdem alle aus – höchstwahrscheinlich. Bekenntnis zur eigenen Verantwortung des Stadtrates, des Oberbürgermeisters Stefan Skora, des Geschäftsführers der Städtischen Wirtschaftsbetriebe, Falk Brandt sowie der Aufsichtsräte der Lausitzhalle? Extrem unwahrscheinlich.

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Für den Autor. Danke!

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