Ich habe ein Paket verschickt. Darin ist ein Bilderrahmen mit Glas. Ich will nicht, dass das Geschenk – ein hübsch eingerahmtes Foto – zu Bruch geht. Also binge ich nach „Vorsicht Glas ausdrucken“. Ich google selten. Bing ist zwar Microsoft aber sie haben jeden Tag ein Foto für mich. Deshalb habe ich mich für diesen Datenmulti entschieden.
Das Suchergebnis ist jedenfalls ernüchternd. Mich stört der Kommandoton, in dem Deutsche ihren Paketbediensteten auftragen aufzupassen. Kein Bitte, kein Danke. Im angelsächsischen Frachtraum ist das offenbar üblich, wie eine Gegenprobe mit „fragile print“ ergibt. Please, Thank You.
Ich wollte etwas ähnliches, weil ich überzeugt bin, dass Menschen zu bestimmten Handlungen oder zum Unterlassen von Unfug leichter zu bewegen sind, wenn sie freundlich angesprochen werden. Mir geht es darum, dass mein Paket einen schonenden Versandprozess erfährt. An dem sind zwar immer mehr Maschinen beteiligt, aber spätestens an der Haustür gibt es in der Logistik noch eine humane Schnittstelle. Dafür habe ich einen emphatischen Paketaufkleber entwickelt: „Glas! Danke für Ihre Vorsicht!“
In der Idee steckt die Chance für einen Logistikwandel, der selbst Amazon sozialer und alle Zustelldiener in der Lieferkette glücklicher machen könnte. Dazu gehört auch das Befriedigen von Neugier. Wenn du als Austräger ein Päckchen in die Hand bekommst, dann stellt dein Unterbewusstsein sehr schnell Fragen: Ist es schwer oder leicht, raschelt oder miaut es? Unweigerlich willst du wissen: Was mag das sein? Werden diese Fragen niemals beantwortet – dafür muss ich weder Psychologie studieren noch Hermeserfahrung sammeln – dann stumpfst du mit der Zeit ab. Irgendwann interessiert dich gar nicht mehr, was drin ist. Nicht mal Weihnachten. Auch dafür können emphatische Paketaufkleber eine Lösung sein, wie die beiden Bonusbeispiele zeigen. Wenn dir das zu weit geht – o.k. – aber ein Danke oder Bitte mehr dürfen es schon sein.
Unsere Kommandosprache stört mich des öfteren. Das ist auch beim Bäcker so, wenn Anzahl und Brötchensorte das einzige sind, was Kunden über die Lippen kommt. Ich finde, da fängt das an mit Pegida und Co. Pack und Pakete hängen vielleicht stärker zusammen, als wir uns bewusst machen. Was tust du denn abends, wenn du den ganzen Tag im Postverteilzentrum Ottendorf-Okrilla von wildfremden Absendern herumkommandiert wirst? Du lässt deinen angestauten Imperativ an anderen aus. Du setzt Ausrufezeichen. Punkt.
Es ist also an der Zeit für soziale Paketaufkleber. Solche, die nicht nur an den Gehorsam appelieren, sondern an das Mitgefühl und solche, die sich dafür auch erkenntlich zeigen, ein Feedback geben. Falls du das für reinen Ulk hältst – Moment! Hätten Deutsche nicht einiges verhindern können, wenn sie sich mehr dafür interessiert hätten, was – bzw. wer – in Güterwaggons durchs Land gefahren wird?